Lage
Eiderstedt zeigt eine Vielzahl von Einzelwarften und auch solche, die als große frühgeschichtliche Dorfwarften und ehemalige Halligwarften erkennbar sind. Es kann festgestellt werden, dass diese Plätze von ihrer Erstbesiedlung bis heute die bevorzugten Hof- und Hausplätze waren, auch für das mächtige Eiderstedter Großbauernhaus, den Haubarg. Die Warften der später eingedeichten Köge sind flacher. Diese neu gewonnenen Köge werden ab ca. 1600 systematisch mit Haubargen innerhalb der dazu gehörigen Ländereien bebaut: der Haubarg, solitär gelegen, erschlossen durch eine gerade zum Hof führende Drift, auf einer nur leicht erhöhten rechtwinkligen Warft umgeben von Graften, innerhalb der Köge mehrere Haubarge in einer Reihe. Als Beispiele sind erhalten: Altaugustenkoog, Neuaugustenkoog, Sieversflether Koog – dieser mit der sogenannten „Reichen Reihe“. Die Einzelhoflage überwiegt, doch im Straßendorf Tating und im Deichdorf Tetenbüll hat es mächtige Haubarge gegeben, oft solche mit einem getrennten Vörhus zur Straße mit Verbindungsgang (Hals) und Achterhus. Manche Vorhäuser sind erhalten, es weiß nur niemand, dass es solche waren. Ein bekanntes Beispiel ist Haus Peters in Tetenbüll, hier steht der Haubarg seit langem nicht mehr, das Vörhus mit dem berühmten Kolonialwarenladen von 1840 wurde durch Initiative und harten Kampf der IG Baupflege als Baudenkmal erhalten. Haubarge gibt es nur auf der Halbinsel Eiderstedt, mit wenigen Ausnahmen.

Geschichte
Eiderstedt – bis heute „die Dreilande“ genannt – bestand noch im Mittelalter aus drei inselartigen Harden, Utholm, Everschop und Eiderstedt. Diese waren ursprünglich durch Priele und Meereseinbrüche getrennt. Durch fortschreitende Deichbau- und Entwässerungsmaßnahmen seit dem 12. Jahrhundert entstand schließlich um 1600 eine Halbinsel.

Die große Insel Strand, die Kornkammer der Herzöge im Mittelalter, von welcher die Marscheninseln Nordstrand, Pellworm und die Halligen nach den vernichtenden Sturmfluten von 1362 und 1634 übrigblieben, lag einstmals nahe vor Eiderstedt, im Norden nur durch den Heverstrom getrennt. Gemeinsam ist diesen Inseln und der Halbinsel ihr außergewöhnlich fruchtbarer Marschen-Kleiboden. Der Gardinger Chronist Volckmarus Carolus schreibt 1795 über Eiderstedt: „… sein Boden ist gedoppelte Quelle von Reichtümern“. Hierin liegt der Reichtum der Eiderstedter Großbauern begründet.

Nach wiederkehrenden verheerenden Fluten von 1510 bis 1580 mit hohen Landverlusten kamen auf herzöglichen Ruf und aufgrund der wirtschaftlichen Interessen der Niederländer schon Ende es 16. Jahrhunderts holländische Deichbauer und in der Folge Investoren und Bauern nach Eiderstedt wo zuvor friesische Besiedlung nachgewiesen ist. Die Sprache Friesisch wurde 1765-1770 in den Landschulen eingestellt. Dieser Hinweis zeigt, hier war einmal friesische Kultur, somit auch Baukultur. Der Kirchspielkskrug Poppenbüll mit dem Rauchhaus ist ein Zeugnis.(E.B.)

Die Dreilande bekamen 1572 ein gemeinsames Landrecht in Plattdeutsch. Plattdeutsch ist die Sprache, die auch Einwanderern aus Holland kein Problem machte. Die Niederländer brachten als Baumeister den mächtigen Haubarg ins Land, die Besonderheit der Nordfriesischen Hauslandschaft. Dazu die Holländermühle mit drehbarem Kopf, moderne Kenntnisse in der Milchwirtschaft („Holländereien“), auch Kenntnisse im Rapsanbau, der bis heute mit Weizen zur Fruchtfolge in Eiderstedt gehört.

Das älteste Hausgerüst eines Haubargs datiert nach dendrochronologischer Untersuchung von 2018 auf das Jahr 1587 (Katharinenhof im Altaugustenkoog). Bis ca. 1860 wird der Haubarg von den landbesitzenden Großbauern in Eiderstedt gebaut. Die Umstellung der Ackerbauflächen zu Grünland als Weideland für die Fettviehgräsung – in den 1890er Jahren abgeschlossen – führt zu den ersten Abbrüchen, zunehmend bis in die 1950er und 1960er Jahre. Derzeit existieren von ehemals 400 Haubargen noch ca. 70. Dazu kommen weitere Gebäude, in denen noch das Innenständergerüst erhalten ist.

Während der ersten Bauzeit wirtschafteten und lebten oft Pächter in den Haubargen. Die Investition in Ländereien und Haubarge war gewinnbringend, eine sichere Geldanlage. Der Adel, reiche Bürger, Kaufleute und Reeder aus Hamburg waren die ersten Besitzer dieser frühen Haubarge der 1. und 2. Generation im neuen Altaugustenkoog von 1610. Herzogin Augusta, die Namensgeberin, besaß Anfang des 17. Jahrhunderts umfängliche Ländereien und einige Haubarge in Eiderstedt. Im Neuaugustenkoog von 1699 gehören zu den Geldgebern adelige Geheimräte (v. Wedderkop, v. Pincier), Deichgrafen und Pfennigmeister. Sie genießen Privilegien, kein Donativgeld und freie, zollfreie Verschiffung der Ernte und des Viehs. Die steuerfreie Errichtung von Wind- und Rossmühlen gehört dazu, eine Schäferkate wird am Seedeich errichtet.

Der Haubarg verdrängte den Vorgängerhaustyp, der wohl ein „friesisches“ Langhaus war. Häufig blieb der ältere Hof stehen, wurde integriert beim Anbau des Haubargs. So kommen unterschiedliche Haubarganlagen vor.

Konstruktion
Der Haubarg gehört zur Gruppe der Gulfhäuser, deren Ursprung von den Hausforschern in Ostfriesland nachgewiesen wird (V.G.) Die ältesten Beispiele sind Gulfscheunen. In Ost- und dem heutigen Westfriesland entwickelt sich der Typ des Gulfhauses, in dem Wohnen und Wirtschaften unter einem Dach vereint wurde, jedoch anfänglich mit deutlicher Trennung des Vorhauses. Die Holländer entwickelten zur Zeit der Einpolderungen im Beemster in Nordholland (1612-1620) in Abwandlung des Gulfhauses den Typ des Haubargs, der hier in Nordholland Stolp (Stelphof) genannt wird. Polder sind Köge, die durch Trockenlegung mit Schöpfmühlen, durch Kanalbau und Deichbau in den Niederlanden der Landgewinnung dienten.

Das gleiche Anliegen brachte die holländischen Einwanderer nach Nordfriesland. Der Haustyp Haubarg erfüllte auch hier in den jungen fruchtbaren Kögen die erhöhten Anforderungen an Bergeraum für die reiche Getreideernte. „Gulf“ (Recherche E.B.) bedeutet „Boden“ (dän. gulv) oder „Bucht“ (engl./nld.), das Erntegut lagert „bodenlastig“ vom Boden bis zum First in hohem Stapel im Vierkant, in einer „Bucht“. Der hohe „Berg“ des „gehauenen“, ungedroschenen Getreides wird überbaut mit einem mächtigen Dach, das durch ein Innenständergerüst konstruiert wird.

Die Andersartigkeit des Haubargs besteht in der Anordnung weniger Gulfe, Vierkante, bis hin zu nur einem Vierkant, während das überaus langgestreckten Gulfhaus durch eine enge Ständerpaarfolge viele Gulfe (Raum im Vierkant) bildet. Ein allseits abgewalmtes Reetdach ist der weitere wesentliche Unterschied des Haubargs mit entsprechenden Konsequenzen in der Konstruktion. So nähert sich der Grundriss eines klassischen Haubargs mit nur einem Vierkant fast einem Quadrat. (z.B. Haubarg Trindamm, Tetenbüll). Gemeinsam ist dem Gulfhaus und dem Haubarg das hohe, kräftige Hochrähm-Innenständergerüst. Manche sprechen anschaulicher vom Stuhl- oder Bockgerüst.

Querschnitt aus Bestandsaufnahme von 1949, Haubarg Trindamm, Tetenbüll.
Querschnitt aus Bestandsaufnahme von 1949, Haubarg Trindamm, Tetenbüll.

Zur Konstruktion des Vierkantgerüstes wird jeweils ein Ständerpaar durch einen hochgelegenen Ankerbalken verbunden. Das Hochrähm in Firstrichtung, genannt Schunk, zu beiden Seiten mit am Ende aufgelegten Legbalken schließt die Ständer nach oben zu einem Rahmen, auf dem die Sparren ruhen. Das Gerüst ist in sich stabil, die Wände mit niedriger Traufe übernehmen anfänglich keine statische Funktion zur Übernahme der Dachlast. Stattdessen befindet sich hier vor der niedrigen Längswand eine Last abfangende Ständerreihe mit Rähm (sehr selten erhalten), die später durch eine tragende massive Backsteinwand ersetzt wird (zur Ablastung der Untersparren).

Bewirtschaftung
Im sogenannten Achterhus um den mittleren Vierkant als Stapelraum befindet sich auf einer Längsseite der Rinderstall in Längsaufstallung mit einer Stalltür zum Misthaufen. Auf der gegenüberliegenden Seite wird die Loo (Loh), auch Dreschdiele (Tenne), von außen durch die große Lootür erschlossen. Auf der Querseite liegt der Pferdestall (Boos) und schließlich auf der Südseite (ältere Haubarge Westseite) das sogenannte Vörhus mit dem Wohnteil. Dieser regeltypische Grundriss ist funktional eine Einheit mit dem genialen Ständergerüst, das im 4-Ständerhaubarg eine Dreischiffigkeit in beide Richtungen bildet. Die intelligente Konstruktion überspannt einen im Durchschnitt 10 – 14 m hohen Raum (Roter Haubarg 17 m) mit nur 4 Ständern unter geringem Holzverbrauch. Für Futter der Rinder (Kühe, Ochsen, Kälber) befindet sich ein Dachboden sowohl über dem Stall als auch über der Boos für die Pferde. Der Boden über der Wohnung war Getreidelager für Säcke mit gedroschenem Getreide. Dort befand sich auch die Räucherkammer, später ein ausgebautes Zimmer. Die älteren Haubarge werden über die Achterdäl (Hinterdiele) erschlossen durch einen seitlichen Eingang und gegenüberliegend dem Ausgang der Küche. Häufig verändert sich im 18. Jahrhundert die Erschließung über eine mittige Hauptdiele nach Süden (E.B.). Achterdäl mit Seiteneingängen bleiben oft erhalten. Das Wasser für Vieh und Mensch wurde aus den die Warft umgebenden Graften geholt.

Zu einem rentablen, größeren Haubarg gehörten bis zur Nachkriegszeit 50 ha / 100 Demat Ländereien. Groß- und Kleinknecht, Groß- und Kleinmagd waren die üblichen HelferInnen für die bäuerliche Familie mit ihren Kindern, dazu kamen Tagelöhner, Erntehelfer, im Herbst Drescher (A.G.).


Und heute?
Die Abbrüche (ab den 1890er Jahren), die Vernichtung durch Brände und die mangelnde Eignung für die moderne Landwirtschaft reduzieren nach und nach die Zahl der Haubarge. Die Denkmalpflege und die IG Baupflege bemühen sich besonders um diese überregional besondere Hausform. Haubarge, die noch heute landwirtschaftlich bewirtschaftet werden, sind selten. Wenn, dann ist die gesamte Fläche des Achterhus zum Viehstall umfunktioniert. So wurde der Haubarg Ketels in Osterhever in den 1980er Jahren mit professioneller Hilfe denkmalgerecht zum Rinderstall umgebaut.

Hervorzuheben ist hier das Engagement vieler Besitzer (auch der „Zugereisten“), die liebevoll und finanzaufwendig die großen Gebäude erhalten.

Eine weitere Gruppe sind solche Hofbesitzer, die das Innengerüst erhielten und mit geschosshohem Steinsockelmauerwerk, Drempelverkleidung in Blech und flachgeneigtem Blech- oder Pappdach die Gebäude dem neuen Bedarf nach moderner Viehaufstallung und Futterbergung mit großen Traktoren anpassten. Die Öffnungen wurden jedoch bereits für Schlepper und Maschinen der 1970er Jahre zu eng und zu niedrig, der Stall zu schmal.

Heute ist auch ein großer Haubarg für den Betrieb konventioneller Landwirtschaft zu klein – Freilaufställen für Milchkühe, automatisierten Melkständen und großformatigen Heu- und Strohlagern, befahrbar mit riesigen Landmaschinen und Traktoren, würde er bei weitem nicht ausreichend Platz bieten.

Grundriss

Typischer Grundriss eines Haubargs, hier des Roten Haubargs, Simonsberg.
Typischer Grundriss eines Haubargs, hier des Roten Haubargs, Simonsberg.

Erhaltene Haubarge
des 17. und 18. Jahrhunderts
• Haubarg Pohnswarft nach 1648, Süderfriedrichskoog
• Roter Haubarg von 1665, Adolfskoog, Witzwort
• Haubarg „Reiche Reihe“, nach 1679, Sieversflether Koog, Tetenbüll
• Kühl’scher Haubarg von 1693 (1585), Katharinenheerd
• Staatshof Tetenbüll-Osterkoog um 1750 (u. älter)
• Vorhaus des Haubarges von 1759, Tetenbüll-Osterkoog
• Haubarg Mathiessen von 1760, St. Peter-Wittdün
• Haubarg Hochdorfer Garten von 1764, Tating

des 19. Jahrhunderts
• Haubarg Blumenhof um 1816, Tating
• Haubarg Trindamm von 1825, Adenbüller Koog, Tetenbüll
• Haubarg von 1848, Trockenkoog, Tetenbüll

mit Vorgängerbauten
• Haubarg Marschkoog von 1820 (Langhaus 18. Jahrhundert u. älter), Tetenbüll

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